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Claas Atles 936 RZ vs. Claas Axion 960 Terra Trac im Generationen-Vergleich
Claas Atles 936 RZ vs. Claas Axion 960 Terra Trac im Generationen-Vergleich
Claas zählt zu den noch eher jungen Traktoren-Herstellern. Wir stellen mit dem Atles 936 RZ den ersten saatengrünen Standard-Großschlepper seinem aktuellen Pendant, dem Axion 960 Terra Trac gegenüber.
Wir starten mit einer kleinen Geschichtsstunde: Bei Claas trieb bereits seit den späten 1950er Jahren der Gedanke an ein eigenes Traktorenprogramm immer Mal wieder Blüten — etwa den Claas Jumbo (profi 1/2020) oder den Trac-Schlepper HSG, und schließlich die ersten Xerion-Systemschlepper sowie das Vertriebsabkommen über die Challenger-Raupen von Caterpillar. Ein vollständiges Schlepperangebot war das aber nicht. Das änderte sich 2003 mit einem Paukenschlag: Claas verkündete die Übernahme der kompletten Traktorensparte von Renault, erst mit einer 51-%-Beteiligung. 2008, im letzten Jahr der Atles-Produktion, dann komplett.
Damit konnte Claas endlich ein vollständiges Programm vom kleinen Weinberg-Schlepper bis hinauf zum System-Großtraktor Xerion anbieten. Spitzenmodell bei den Standardschleppern war der Claas Atles 946 RZ — der zum Zeitpunkt der Übernahme stärkste Renault aller Zeiten!
Ein wassergekühlter Deutz-Sechszylinder mit 7,2 l Hubraum verschaffte dem Atles 202 kW/275 PS Nennleistung. Neben einem ordentlichen Sound konnten Leistung und Durchzugskraft des französischen Bullen durchaus überzeugen — so auch im profi-Test des (Renault) Atles in der März-Ausgabe des Jahres 2001: „Einfach, groß und stark“ lautete die Überschrift, die Tester übten nur wenig Kritik.
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Verglichen mit dem aktuellen Claas Axion 960 muss der Atles trotzdem zurückstecken — dazu kommen wir aber noch. Bei der reinen Motorleistung hat das aktuelle Spitzenmodell der Standardschlepperbaureihe Axion pro Jahr Altersunterschied zum Atles rund 10 PS drauf gelegt: 327 kW/445 PS stemmt der FPT-Sechszylinder mit 8,7 l Hubraum auf die Welle.
Natürlich musste sich auch der 960 als reine Radvariante bereits dem profi-Test (2/2020) stellen — und hat beim Dieselverbrauch bei Feldarbeiten sehr gute Ergebnisse erzielt. Etwas mehr Kraftstoff als der Durchschnitt gönnte er sich allerdings bei Transporteinsätzen. Beim Getriebe liegt der Axion 960 dem Atles 936 RZ dabei auch für Transportarbeiten weit voraus: Das stufenlose Terramatic 45-Getriebe von ZF beschleunigt den saatengrünen Giganten ganz bequem und ohne Rucken von Null bis zur Endgeschwindigkeit. An dieser Stelle müssen wir zum ersten Mal zwischen dem Standard-Axion 960 und der für unseren Vergleich aufgefahrenen Terra Trac-Variante unterscheiden: Denn während der Radschlepper bis zu 50 km/h schnell unterwegs ist, ist für die Halbraupe bei 40 km/h Schluss. Damit ist der Atles auf der Straße genauso flott unterwegs. Allerdings nach heutigen Komfort-Standards nicht ganz so komfortabel. Denn statt eines stufenlosen Triebsatzes kommt im 936 RZ ein amerikanisches Funk-Powershiftgetriebe mit 18 Stufen vorwärts und acht Stufen rückwärts zum Einsatz — mit entsprechendem Rucken beim Wechsel der Stufen. Der Funk-Box vorgeschaltet war eine lastschaltbare Wendeschaltung von Gima.
Vier Federn
Ein interessantes Detail hat der aktuelle Claas Axion 960 Terra Trac von seinem Urahn, dem Atles 936 RZ übernommen: Die Kabine ist an jeder der vier Ecken auf einem Stoßdämpfer und damit gefedert gelagert. Diese Vierpunkt-Kabinenfederung ist eine echte Renault-Entwicklung und hat sich seit den 1990er Jahren bewährt. Erst in der obersten Baureihe TZ (damals galten 180 PS noch als Großschlepper), danach schon in den Renault Ares- und Atles-Modellen. Im Prospekt des Atles wirbt Claas in einer nicht ganz eindeutigen Grafik mit einer um 42 % geringeren Ermüdung — so oder so, beim Kabinenkomfort muss sich der Atles 936 RZ nicht verstecken.
Für einen Raupenschlepper bemerkenswert ist der Fahrkomfort des Axion Terra Trac — die Kombination aus gefederter Vorderachse, gefederten Stützrollen der Laufwerke und der bereits erwähnten Kabinenfederung lässt nur wenig Bodenunebenheiten bis zum Fahrer durchdringen.
Während die Radvarianten des Axion auch in der einfacheren Variante CIS geordert werden kann, ist beim Terra Trac die Premiumausstattung Cebis Standard.
In der Kabine sind somit die wichtigsten Elemente das Cebis-Touchterminal und der CMotion-Fahrhebel: Hier kann der Fahrer alle Parameter überwachen und steuern. Bei Claas-Fahrern bekannt und beliebt ist die etwas ungewöhnliche Form des CMotion-Multifunktionsgriffs, der in die umfangreiche Bedienarmlehne integriert ist.
Zwilling oder Band?
Der Atles in unserem Beitrag, der von Claas aktuell für verschiedene Veranstaltungen genutzt wird, rollt auf Rädern der Dimension 600/70 R 28 vorne und 650/85 R 38 hinten — schon ordentlich. Trotzdem kann die Bereifung schnell zum begrenzenden Faktor bei der Zugkraftübertragung werden — nicht umsonst wurde der Atles in den Originalprospekten häufig mit Zwillingsbereifung abgebildet. Mit den bekannten Vor- (große Aufstandsfläche) und Nachteilen (große Außenbreite).
Seit 2019 hat Claas mit der Terra Trac-Variante eine echte Alternative im Angebot: Statt Rädern auf der Hinterachse sind hier die beiden Laufwerke montiert — für bis zu 35 % mehr Aufstandsfläche. Der Fußabdruck des Axion wächst damit auf mehr als 4 m² , wobei sich die Raupen auf 1,76 m Länge mit dem Boden verzahnen. Bei den Laufbändern kann der Kunde zwischen drei Breiten wählen: 63,5 cm, 73,5 oder seit diesem Jahr 89 cm — bei allen drei bleibt der Schlepper unter 3 m Außenbreite. Auch wenn Claas schon lange ähnliche Laufwerke bei seinen Mähdreschern verwendet, wurden die Raupen für den Axion neu entwickelt. Der Schlepper selbst ist gegenüber der Radvariante ebenfalls an die Laufwerke angepasst: verstärkte Antriebe, ein kürzerer Radstand, andere Aufstiege und ein geänderter 860-l-Dieseltank — um nur einige Punkte zu nennen. Damit der Bodendruck noch weiter reduziert werden kann, ist der 960 Terra Trac auf Wunsch mit einer Reifendruckregelanlage — natürlich nur für die Vorderachse — erhältlich. Über das elektronische Maschinenoptimierungssystem Cemos samt integriertem Bodendruck-Simulator Terranimo bekommt der Fahrer Hinweise zur richtigen Ballastierung und dem optimalen Reifendruck angezeigt, passend zur Arbeit und den vorherrschenden Bedingungen — Hightech pur!
Weitere Details
Für entsprechenden Freiraum an den Laufwerken hat der Claas Axion Terra Trac verlängerte Unterlenker — mit entsprechend niedrigerer Hubkraft.
Die Raupenvariante bringt rund 3,5 t mehr auf die Waage als der Axion-Radschlepper, kann aber auch 160 l mehr Diesel mitnehmen.
Mit 55° Lenkeinschlag ist der Atles für seine Größe erstaunlich wendig.
Eigentlich könnte der Kontrast in diesem Generationenvergleich noch größer sein — wenn der Atles in seinem ursprünglichen Orange angetreten wäre. Denn der Atles wurde bereits vor der Übernahme von Renault durch Claas in Frankreich entwickelt und produziert. Er bildete, gemeinsam mit seinen kleinen Brüdern die Basis des heutigen Claas-Traktorenprogramms und ist inzwischen nur noch sehr selten zu finden.
Bis auf die Kabinenfederung hat der aktuelle Claas Axion 960 Terra Trac aber kaum noch Gemeinsamkeiten mit seinem Urahn. Das Halbraupen-Fahrwerk zählt zu den Alleinstellungsmerkmalen und ermöglicht einen niedrigen Bodendruck bei 3 m Außenbreite und den schonenden Einsatz von Anbaugeräten im Heckhubwerk. Gleichzeitig ist mit dem stufenlosen Terramatic-Getriebe und dem Bedienterminal Cebis der Komfort für den Fahrer auf einem ganz anderen Level als im ruckenden Atles mit Powershift-Getriebe. Das hat natürlich seinen Preis: Der Axion Terra Trac kommt inzwischen auf den fast vierfachen Listenpreis des Atles.