Einsatzbericht Veredlungstechnik
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Gea DairyFeed F4500 Fütterungsroboter: Ohne Schienen auf die Überholspur
Gea DairyFeed F4500 Fütterungsroboter: Ohne Schienen auf die Überholspur
Gea präsentiert zur EuroTier den Fütterungsroboter DairyFeed F4500 — der ohne Schienen auskommt. Die wirkliche Überraschung verbirgt sich jedoch in drei anderen Details.
Auch wenn meist nur einmal am Tag Futter vorgelegt wird: Das Füttern eines Milchviehbestandes kostet enorm Zeit, und auch der dafür erforderliche Aufwand an Diesel ist zusehends ein Problem. Vor allem aber fressen die Tiere nicht gleichmäßig über den Tag verteilt, was neben Minderleistungen gesundheitliche Probleme wie Acidosen nach sich ziehen kann.
Immer mehr Landwirte sehen hier in der Anschaffung eines Fütterungsroboters die Lösung ihrer Probleme. Denn dieser spart durch das selbsttätige Mischen wertvolle Arbeitszeit sowie mit einem akkubetriebenen Antrieb teuren Diesel. Und durch eine mehrmalige, auf jede Tiergruppe abgestimmte Futtervorlage profitieren meist auch die Tiere.
Was aber, wenn der Milchviehbetrieb über viele Jahre gewachsen ist? Dann liegen Silos und die verschiedenen Stallgebäude weit auseinander. Spätestens bei der Fahrt über freies Gelände stoßen hier schienengeführte Systeme technisch und wirtschaftlich an ihre Grenzen. Auf diese Anforderungen reagiert nun Gea: Ende 2022 wird bei der Tochtergesellschaft Mullerup in Dänemark die Produktion schienengebundener Fütterungsanlagen eingestellt. Parallel beginnt in Bönen die Serienfertigung des neuen DairyFeed F4500.
Das klingt nach einem Neustart. In der Tat glänzt der neue F4500 nicht nur mit einem Schotterpisten-tauglichen Fahrwerk, das neue Fütterungssystem wartet auch mit technischen Raffinessen wie NIR-Sensor, Mischgenauigkeits-Kontrollsystem sowie einer Technologie zur Bestimmung und Autokorrektur der Trockenmasse auf.
Basis des F4500 ist das eigens für ihn entwickelte Fahrwerk mit vier Rädern. Die zwei mittigen Räder werden von Elektromotoren angetrieben, so dass der Selbstfahrer mit einem Wenderadius von 2,50 m nahezu auf der Stelle drehen kann. Vorne und hinten gibt es je ein passiv angetriebenes Bockrad. Die spezielle und rein mechanische Anlenkung der Bockräder ermöglicht, dass sie selbst bei 5 cm hohen Stufen ständig Kontakt zum Boden halten. Auch Steigungen bis 10 % sind laut Gea kein Problem — vorausgesetzt, die Wege sind frei von Schnee und Eis. Wichtig ist nur, dass der Fahrweg für mindestens 3,5 t Achslast ausgelegt ist. Eine geteerte oder betonierte Straße benötigt der F4500 grundsätzlich nicht, es genügt ein einfacher Schotterweg.
Um tiefe Spuren bei 180°-Drehungen zu vermeiden, sollten aber häufig frequentierte Plätze wie Wendehammer befestigt sein. Vermisst haben wir ein Parallelfahrsystem, das verhindert, dass für Hin- und Rückfahrten dieselbe Spur verwendet wird — laut Gea ist ein solches bereits in Arbeit.
Die erforderliche Weg- und Durchgangsbreite gibt Gea mit 2,50 m an. Bei einer Fahrzeugbreite von nur 1,38 m bleibt so rechts und links genügend Luft. Gut finden wir die Höhe von nur 2,10 m, da die Einfahrten vieler Altgebäude oft nur wenige Zentimeter mehr an Höhe messen.
Seinen Weg findet der DairyFeed über ein ausgeklügeltes Lasersystem: Bei seiner ersten Fahrt über den Hof lehrt der Landwirt dem F4500 mit einer umgebauten Spielekonsole die Fahrrouten. Ein Laser scannt bei dieser Fahrt die Umgebung in bis zu 60 m Entfernung. Mit den gewonnenen Daten legt das System eine 2D-Karte an, anhand derer sich der F4500 orientiert. Magneten im Boden zum Kalibrieren der Fahrstrecke sind nicht erforderlich, ebenso braucht es keine GPS-Ortung.
Die gute Nachricht: Sollte beispielsweise wegen Bauarbeiten eine Umleitungsstrecke notwendig sein, kann der Landwirt diese ohne einen Gea-Servicemitarbeiter selbst einrichten. Gut ist, wenn entlang der Fahrwege Gebäude stehen, da diese unveränderlich sind und so als markante Positionsmarker dienen. An einzelnen Stellen kann deshalb das Aufstellen einer Bretterwand etc. hilfreich sein. Bleibt zu erwähnen, dass die Navigation keinen ständigen WLAN-Empfang erfordert. Das gilt jedoch nicht für die Halle mit den Futterbunkern, da man sonst nicht per PC, Tablet oder Smartphone auf das System zugreifen kann.
Während der bis zu 3 km/h schnellen Fahrt über den Hof kontrollieren Ultraschallsensoren, ob Hindernisse den Weg versperren. Falls ja, fährt der F4500 mit 1 km/h bis auf 50 cm heran und stoppt. Sollte beispielsweise das Auto eines Firmenvertreters nicht weichen, verschickt das System nach einer frei festlegbaren Zeit eine Push-Meldung.
Der um 90° kippbare und 2,2 m3 große Einschnecken-Mischbehälter ist mit Edelstahl ausgekleidet. Das Behältervolumen reicht zum Verteilen von bis zu 15 t Futter/Tag. Das entspricht dem Bedarf von 300 Großvieheinheiten. Für größere Bestände sind bis zu fünf F4500 über Gea DairyNet und Gea FarmView koppel- und steuerbar, so dass eine DairyFeed-Anlage in der aktuell größten Ausbaustufe bis zu 1 500 Großvieheinheiten mit Futter versorgen kann.
Der Antrieb der vertikalen Mischschnecke erfolgt hydraulisch, was eine gute Regulierung der Drehzahl erlaubt, so Gea. Der wesentliche Mischenvorgang erfolgt an der 10-kW-Ladestation direkt hinter den Futterbunkern. Durch die hohen Ladeströme ist der Lithium-Akku des F4500 am Ende des Nachmischvorgangs voller als er es vor dem Beladen mit neuen Komponenten war. Dies erklärt die von Gea ausgewiesene Einsatzbereitschaft von 18 Stunden/Tag bei sechs Stunden Ladezeit. Tatsächlich wies auch die in einem Testbetrieb installierte Fütterungsanlage über weite Teile des Tages einen Ladestand von 70 bis 80 % auf.
Das Beschicken des Futtermischwagens erfolgt über 16 m3 (optional 18 m3) große Futterbunker. Die schräg stehenden und hinten 4,04 m hohen Behälter werden im Werk vormontiert, so dass vier der 3,05 m breiten und lückenlos zu stellenden Behälter binnen einer Woche installierbar sind.
Die Wände der Bunker sind aus Siebdruckplatten, der Boden aus Edelstahl gefertigt. Der zum Einstellen der Drehzahl frequenzgeregelte Kratzbodenantrieb mit 1,5 kW Leistung besitzt zum Schutz vor Futtersäuren außenliegende Kettentriebe.
Zwei Walzen am Ende eines Vorratsbehälters dosieren die Komponenten in den darunter stehenden Mischwagen ein. Optional erhältliche Schneidklingen zerkleinern längere Futterkomponenten wie Ballensilage. Bunker fürs Abstellen von Siloblöcken befinden sich in der Entwicklung, so Gea.
Um die Genauigkeit des Mischsystems zu demonstrieren, kamen für Siebproben zwei Beraterinnen des Landwirts zu unserem Termin hinzu. Diese bestätigten dem F4500 eine hohe Mischgenauigkeit sowie eine gleichmäßige Futterverteilung — sehr gut. Im anschließenden Fachgespräch gaben dann Verantwortliche des Gea-Teams ein paar Geheimnisse preis:
Mit Viso-Mix kommt 2023 ein kamerabasiertes Kontrollsystem, das die Mischgenauigkeit unter Berücksichtigung von Zeit, Energie und Homogenität überprüft.
Der Serienstart erfolgt mit einem System zur Bestimmung des Trockensubstanz-Gehalts (TM-Gehalt). In Abhängigkeit vom Wassergehalt einer Komponente korrigiert das System die Futtermenge und dosiert beispielsweise dann mehr von der Grassilage in den Mischer ein — genial.
Bald schon soll es auch einen in den Mischer integrierten NIR-Sensor zur Bestimmung des Eiweißgehalts geben. Allerdings nimmt dieses System selbst keine Mengenkorrekturen vor.
Beim Verkauf von Tieren muss aktuell noch die Bestandsveränderung eingegeben werden. Demnächst soll dies per Smartphone möglich sein.
Ebenfalls bis zum Serienstart verfügbar sein soll auch eine mit dem F4500 gekoppelte Torsteuerung.
Die Kosten einer DairyFeed-Anlage variieren in Abhängigkeit von Umfang und Ausstattung einer Anlage. Eine Standardversion mit vier Bunkern und einem Fütterungsroboter für 300 Großvieheinheiten beginnt bei Preisen ab 230 000 Euro ohne MwSt.
Fazit
Mit seinem DairyFeed F4500 wechselt Gea auf die Überholspur. Denn damit verabschiedet sich der Hersteller nicht nur vom schienengebundenen Fütterungssystem, die Neuentwicklung bietet auch eine Reihe an Besonderheiten. So passt die kompakte Bauform gut zum gewachsenen Milchviehbetrieb. Und mit einem NIR-Sensor, einem TM-Korrektursystem und Viso-Mix hat Gea weitere gute Pfeile im Köcher.
Und schlussendlich werden vor allem Besitzer eines automatischen Melksystems von Gea Gefallen daran finden, dass mit DairyNet und FarmView die gleichen Apps der täglichen Arbeit zugrunde liegen. Schließlich sind durch die Vernetzung der Systeme zeitsparende und leistungssteigernde Synergieeffekte realisierbar.
Praktikermeinung
Unverhoffte Effekte
Andreas Frey (44) aus Obersontheim (Baden-Württemberg) ist einer von fünf DairyFeed-Pilotbetrieben. Im Juli 2022 wurde bei ihm das System mit vier Futterbunkern und einer mobilen Mischeinheit installiert. Bei unserem Besuch war das System sechs Wochen alt.
Frey begründet den Kauf mit dem täglichen Zeitgewinn. Statt drei Stunden fürs Laden, Mischen und Verteilen mit dem gezogenen Futtermischwagen benötigt er heute nur noch eine halbe Stunde fürs Befüllen der vier Vorratsbunker. Der eigentliche Grund für seine Kaufentscheidung war jedoch, dass ihm länger schon die nur morgendliche Futtervorlage als nicht ausreichend erschien.
Heute zeigt sich Frey selbst überrascht von den Effekten, welche die mehrmalige Futtervorlage mit sich bringt. So blieb trotz der anhaltenden Hitze die Milchmenge über die Periode hinweg konstant — das war nicht immer so.
Berührt zeigt sich Frey auch vom Schicksal einer Färse, die nach dem Abkalben mysteriöserweise über ein Tagesgemelk von 10 l nicht hinauskam. Sechs Wochen nach der Installation des F4500 liefert das Tier über 30 kg ab. „Eigentlich finden alle Tiere einen Platz zum Fressen. Das junge Tier scheint jedoch in der Hierarchie so weit hinten zu stehen, dass es zu wenig von der auf 31,5 kg Milch ausgelegten TMR abbekam. Mit den jetzt über den Tag verteilten zehn Futterblöcken kommt sie wohl besser klar. Der Fütterungsroboter hat ihr damit den Hals gerettet“, beschreibt der Landwirt den gewiss außergewöhnlichen Fall.
Angesichts von zwei Euro Dieselpreis zeigt sich Frey auch in Bezug auf die Kosteneinsparungen zufrieden. „Mein 100-PS-Schlepper brauchte fürs Mischen so um die 6 l/h. Da ich jetzt 2,5 h weniger benötige, spare ich täglich 30 Euro — macht 10 000 Euro/Jahr. Den genauen Stromverbrauch des Mischsystems kenne ich noch nicht, über weite Teile des Jahres kommt der Strom aber vom eigenen Dach. Zusammen mit der eingesparten Arbeitszeit amortisiert sich das Fütterungssystem über die Jahre von selbst“, resümiert der Landwirt.
Auf die Frage, was Gea noch verbessern kann, fällt dem Praktiker als Erstes die Ausstattung mit NIR-Sensor und TM-Bestimmung ein — „…aber das soll ja bald kommen. Ein bisschen arbeiten müssen sie noch an der Futterverteilung auf den ersten Metern am Trog. Aber so engagiert wie die Gea-Mannschaft sich bislang zeigt, ist auch dieses Problem wohl bald gelöst“, zeigt sich Frey zuversichtlich.