Vergleichstest

Reifendruck-Verstellanlagen im Vergleich: Luftwechsel gefällig?

Wir haben acht verschiedene Systeme zum Verstellen des Reifendrucks während der Fahrt unter die Lupe genommen. Hier lesen Sie unsere spannenden Erkenntnisse.

Claas, Fendt und John Deere lieferten eine Anlage ab Werk, fünf weitere Anlagen hatten die Zulieferer HR Agrartechnik, PTG, Rottmann Automation, Steuerungs­technik StG und TerraCare an verschiedenen Traktoren angebaut. (Bildquelle: Tovornik)

Gut zu wissen

– Zuliefer-Anlagen sind in der Regel günstiger als ab Werk gelieferte, die dann aber Gewährleistung bieten.
– Drehübertrager außen sind eher ein optisches Problem (Ausnahme: z. B. Silowalzen, Zwillingsräder).
– Die Regelgenauigkeit ist mindestens so wichtig, wie die Füll-/Entleerzeit.
– Nur wer oft zwischen Acker und Straße wechselt (z.B. Gülledüngung), braucht einen Zusatzkompressor.
Obwohl der Begriff „Reifendruck-­Regelanlage“ sehr verbreitet ist, stimmt er bei den meisten heu­tigen Systemen nicht. Es handelt sich nämlich in der Regel immer um eine reine Reifendruck-­Verstellanlage, da es noch keine Regelgröße gibt, die für eine auto­matische Anpassung des Reifendrucks während der Arbeit sorgt (z. B. die Radlast oder der Schlupf). Doch statt uns mit Formalien aufzuhalten, bringen wir Ihnen lieber die wichtigsten Erkenntnisse des Vergleichs näher.

Reifendruck-Verstellsystem: Drei Anlagen ab Werk

Folgende Schlepperhersteller nahmen mit ihrer ab Werk lieferbaren Anlage teil:
  • Claas: CTIC 2800 an einem Claas Axion 870
  • Fendt: VarioGrip an einem Fendt 828 Vario
  • John Deere: PTG Airbox/drive 2L am 6250R
Bei Case IH/New Holland und Deutz-Fahr gibt es zwar auch Vorbereitungen bzw. Empfehlungen für die Anlagen von PTG, ab Werk bietet derzeit nur noch McCormick ein solches System an. Aber leider konnte Argo uns keinen Schlepper zur Verfügung stellen.

Fünf Verstellanlagen als Nachrüstung

Neben den ab Werk verfügbaren Anlagen nahmen auch fünf Hersteller teil, die Reifendruck-Verstellanlagen als Nachrüstlösungen für die meisten Traktoren anbieten. Im Einzelnen waren dies:
  • HR Agrartechnik ISOfill (JD 6230R)
  • PTG RDS/radial 2L + Airbox/drive 2L + V2000 AS (MF 8.265S)
  • Rottmann Speedfill 5500 (JD 6215R)
  • StG Reifenregler (John Deere 6210R)
  • TerraCare RDRST-2A (Steyr 6300 Terrus)
Auch AgrarPro sowie Krude waren zum Vergleich eingeladen. Sie lieferten aber ebenfalls keinen Schlepper. So haben wir acht Systeme getestet. Wir hatten die Teilnehmer gebeten, Traktoren der Klasse von 250 bis 300 PS zu liefern und sie mit 600/70 R 30 vorne und 710/70 R 42 hinten zu bereifen. Nur der Steyr Terrus mit Terra­Care-Anlage und der John Deere 6210R mit StG-Anlage waren anders bereift.
In der Tabelle „Die Reifendruck-Verstell­anlagen im Vergleich“ haben wir deshalb die vom Hersteller angegebenen Reifenvolumina mit aufgeführt. Dabei zeigt sich, dass der Unterschied beim JD 6210R zu ver­nachlässigen ist. Das größere Volumen der Reifen beim Steyr haben wir bei den Füll- und Entleerzeiten berücksichtigt und umgerechnet.
Apropos Füll- und Entleerzeiten: Die Anlagen von HR Agrartechnik, John Deere und TerraCare waren an die Druckluftanlage des Traktors angeschlossen. Auch Fendt nutzt die Druckluftanlage, installiert bei Ausrüstung mit VarioGrip aber einen flüssigkeitsgekühlten Doppelkolbenkompressor.
Claas, PTG, Rottmann und StG Steuerungstechnik lieferten einen leistungsfähigen Zusatzkompressor mit (optional auch bei HR Agrartechnik und TerraCare verfügbar).

Der Test: Viele Kriterien 

Doch bevor wir zu Befüll- und Entleerzeiten kommen, hier die weiteren Kriterien, die wir bei den Anlagen bewertet haben:
  • Anbau (Verrohrung, Drehübertrager etc.)
  • Bedienung (Terminal, Integration etc.)
  • Einstell-/Speichermöglichkeiten (Profile etc.)
  • Kontrolle/Einhaltung des Drucks
  • Kosten der Ausstattung/Nachrüstung
Grundsätzlich können Sie zwischen Ein- und Zweileiter-Anlagen unterscheiden. Während die Systeme von HR Agrartechnik, Rottmann Automation, Steuerungstechnik StG und Terra­Care mit einer Leitung zu den einzelnen Rädern auskommen, sind es bei allen anderen Anlagen mindestens zwei.
Vorteil der zweiten (Steuer-)Leitung bei Claas, Fendt, John Deere und PTG: Damit können die Ventile direkt in der Felge geöffnet werden, so dass alle Leitungen der Anlage nur unter Druck stehen, wenn sie aktiv ist. Das soll vor allem den Verschleiß an den Dichtungen der Drehüber­trager reduzieren. Außerdem braucht es keine Absperrhähne an den Rädern, die bei längerem Nicht­gebrauch oder Schlauchbruch geschlossen werden müssten. Das Schließen der Hähne für die Straße ist dagegen — entgegen landläufiger Meinung — nicht nötig (siehe dazu Beitrag auf S. 130 in dieser Ausgabe.

Zuführung von außen

Stichwort Drehübertrager: Diese sind tatsächlich bei den Zweileiter-Anlagen wartungsfrei. Auch die Technik von TerraCare braucht trotz Dauerdrucks keine Wartung, und es gibt sogar 5 Jahre Garantie auf die Dichtheit. HR Agrartechnik, Rottmann und Steuerungstechnik StG empfehlen dagegen alle 50 bzw. 150 Schlepperstunden einen Hub Fett, damit die Dichtungen geschmeidig und Dreck draußen bleibt. Bei den gut zugänglichen, außen liegenden Zuführungen kein großes Problem.
Diskutieren müssen wir allerdings über die größere Beschädigungsgefahr bei den außen ­liegenden Systemen. Während die optionalen, extra flachen Drehübertrager von TerraCare nur 5 cm aufbauen, sind es bei allen anderen über 12 cm.
Und natürlich stehen auch die Schläuche bei allen diesen Anlagen über die Reifenumrisse hinaus. Selbst bei mehr als 3 m Breite ist das aber heute — zumindest rechtlich — kein Pro­blem mehr: An jeder Seite sind zusätzlich 7 cm Überstand für die Schläuche erlaubt.

Reifendruck-Verstellanlagen: Zuführung von innen

Keine Schlauchleitungen oder Dreh­über­tra­ger haben Fendt sowie die MF-Hinterachse mit PTG-Anlage. Hier sind die Komponenten für die Luftübertragung in den Achstrichtern (Fendt) bzw. auf der Steckachse (MF/PTG; optional auch Terra­­Care) platziert.
Das ist sicher die eleganteste Lösung, bedeutet aber zumindest bei Fendt einen ungleich höheren Reparaturaufwand, wenn einmal etwas undicht wird. Da hier aber selbst die Vorderräder von innen versorgt werden, gibt es bei Fendt keine Einschränkungen, wenn man dann z. B. doch mal schnell zum Walzen auf das Silo möchte.
Hier bieten aber auch die anderen Anlagen Möglichkeiten, mit wenig Aufwand nicht nur die Leitungen (bei Claas, John Deere, PTG und TerraCare sogar mit Schnellkupplern), sondern auch den kompletten Dreh­über­tra­ger zu demontieren. Und selbst wenn man es drauf ankommen lassen würde: Ein neuer Dreh­übertrager kostet bei HR Agrartechnik, Rottmann und Steuerungstechnik StG nur 130 Euro. Bei PTG und TerraCare sind gut 350 Euro fällig, bei Claas stolze 900 Euro (bei diesem System werden insgesamt fünf Schläuche zu jedem Reifen geführt, weitere Details in den Kästen auf den Folgeseiten).

Terminal oder ISO-Bus?

Neben der Technik gibt es auch große Unterschiede bei der Bedienung. Alle Hersteller bieten die Bedienoption per ISO-Bus und gegebenenfalls AUX-N-Tasten. Im Test war das nur bei der Anlage von StG nicht der Fall. Hier haben wir aber die Vorzüge eines separaten Terminals kennengelernt, wie es auch HR Agrartechnik, PTG, Rottmann und TerraCare anbieten: Man hat den Druck immer im Blick, und jeder Aushilfsfahrer weiß sofort, welche Taste wann zu drücken ist.
Vorteil der Kommunikation mit der Schlepper-­Elektronik sind die vielfältigeren Möglichkeiten — angefangen bei Warnungen wegen zu schneller Fahrt bei zu wenig Druck (z. B. Claas, TerraCare) über die Einbindung in das Vorgewendemanagement bis zum Speichern von Druckprofilen. Hier bietet Rottmann bereits Möglichkeiten, die bei anderen Herstellern noch in der Entwicklung sind.
Deutlich weiter gehen bereits jetzt der Grip Assistent von Fendt und besonders das Cemos von Claas. Hier werden anhand von Parametern wie z. B. Ballastierung, Geräte­anhängung, Bodenzustand usw. konkrete Vorschläge für den Luftdruck gemacht, bei Claas sogar dynamisch während der Arbeit. Und der GripAssistent bei Fendt ist leider nur für die Serien 900 und 1000 verfügbar.

Luft raus — und wieder rein

Beim Einsatz ist wichtig, wie genau die Anlagen den vorgewählten Druck ansteuern und dann erreichen. Wir haben bei allen Teilnehmern 1,8 bar für die Straße sowie 0,8 bar für den Acker vorgewählt (vorne/hinten identisch) und dann die Zyklen beim Ablassen/Aufpumpen aufgezeichnet. Beispielhaft für die Hinterräder sehen Sie das Ergebnis in den Grafiken (nächste Seite).
Wie in der Grafik „Luft ablassen“ zu sehen, liegt nur die Anlage von StG mit 2,1 bar deutlich über dem eingestellten Start-Wert von 1,8 bar. Auch wenn die Toleranz laut Hersteller mit ± 0,15 bar relativ hoch programmiert war, ist das zu viel.
Die Anlagen von...

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